Folgen der Corona-Pandemie auf
- Kurzarbeit (siehe dazu auch: Kündigung & Kurzarbeit)
- Urlaub
Wie verhält es sich mit dem Urlaubsanspruch bei Kurzarbeit in Corona-Zeiten?
Die aktuelle Urlaubsplanung ist durch die Corona-Pandemie und die mit ihr verbundenen Einschränkungen stark beeinträchtigt. Selbst für den Kurztrip nach Brandenburg braucht man, wenn man übernachten will, einen aktuellen negativ ausgefallenen Corona-Test. Es bleibt der Urlaub zuhause oder bei der Familie. Es soll aber in diesem Artikel nicht um die Urlaubsziele gehen, die muss jeder für sich mit seinen Möglichkeiten abstecken. Es geht viel mehr darum, ob der Urlaub genommen werden kann, wenn Kurzarbeit im Unternehmen droht oder schon verhängt wurde. Zuerst beleuchten wir dazu die Grundsätze der Urlaubsansprüche, die in einem eigenen Gesetz geregelt sind. Wer sich für die Geschichte des Urlaubsanspruchs interessiert, scrollt zum Ende dieses Beitrags.
Grundsätze der Urlaubsgewährung
Das Mindesturlaubsgesetz für Arbeitnehmer regelt die Urlaubsansprüche auch in Corona-Zeiten. Im sogenannten Bundesurlaubsgesetz ist nachzulesen:
„Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen.“
(§ 7 Abs. 1 BUrlG)
Dem Arbeitnehmer muss genügend Resturlaub zur freien Verfügung verbleiben. Gemäß BAG muss er noch 2/5 seines Urlaubsanspruchs frei nehmen können (BAG – 28.07.1981 – 1 ABR 79/79). Der Arbeitnehmer muss die Betriebsferien auch mit ausreichendem Vorlauf ankündigen, damit der Arbeitnehmer seine Urlaubsplanung darauf ausrichten kann.
Wurde dem Arbeitnehmer bereits Urlaub für einen anderen Zeitraum genehmigt, gelten die Betriebsferien nicht für ihn.
Das Mitbestimmungsrecht greift auch dann, wenn zwischen Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird. Wenn der Arbeitgeber den Urlaub einseitig festlegt (z. B. weil der Arbeitnehmer Urlaubswünsche nicht geäußert hatte), muss der Arbeitnehmer dieser einseitigen Festlegung unverzüglich widersprechen.
Wenn der Arbeitnehmer nicht reagiert und später alternative Urlaubswünsche vorbringt, ist dies in rechtlicher Hinsicht unerheblich (BAG, Urteil vom 06.09.2006, 5 AZR 703/05). Allerdings gilt nach neuer Rechtssprechung des EUGH, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub rechtzeitig nimmt. Drei Monate nach einem wegweisenden Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH Urt. v. 06.11.2018, Az. C-684/16) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 19. Februar 2019 die Vorgaben der europäischen Richter umgesetzt: Der automatische Verfall von Urlaubsansprüchen ist Geschichte.
2. Einseitige Anordnung von Betriebsferien durch den Arbeitgeber
a) in Betrieben ohne Betriebsrat
Es müssen betriebstechnische bzw. branchenbezogene Gründe vorliegen (Schließung einer Arztpraxis während der Sommerferien, Betriebsurlaub in einer Gaststätte außerhalb der Saison).
Zweifelhaft ist, ob temporäre Betriebsausfälle durch einseitige Urlaubsanordnung oder im Wege der Betriebsferien abgefangen werden können.
Richtigerweise müsste insbesondere der vorübergehende Betriebsausfall durch Kurzarbeit aufgefangen werden.
b) Es ist ein Betriebsrat vorhanden
Der Betriebsrat hat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 5 ein Mitbestimmungsrecht bei der Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans.
Ohne Zustimmung des Betriebsrats kann der Arbeitgeber nur unter sehr engen Voraussetzungen, in Notfällen, einseitig Betriebsferien anordnen – Corona ist nicht ausreichend.
Fehlt es an der erforderlichen Zustimmung des Betriebsrats, ist die Einführung der Betriebsferien gegenüber dem Arbeitnehmer unwirksam. Allerdings muss der Arbeitnehmer sich einer entsprechenden Regelung widersetzen. Hat er der Anordnung nicht widersprochen, gilt der Urlaub als gewährt.
c) Kann der Arbeitgeber einen bewilligten Urlaub widerrufen?
Ein Widerruf und Neufestlegung des Urlaubs ist nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich. Personelle Engpässe aufgrund Krankheit anderer Arbeitnehmer oder ein unerwartet hohes Auftragsvolumen reichen nicht aus. Dem Arbeitgeber müssen vielmehr unzumutbare Nachteile drohen (BAG, Urteil vom 20.06.2000, 9 AZR 405/99).
3. Kurzarbeit/Urlaub
Urlaubsgewährung bedeutet die Befreiung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht (BAG, Urteil vom 16.12.2008, 9 AZR 164/08). Während der Kurzarbeit besteht keine Arbeitspflicht. Ohne entsprechende Arbeitspflicht kann daher Urlaub nicht gewährt werden.
Urlaubskürzung bei Kurzarbeit
Gemäß Entscheidung des EuGH vom 13.12.2018 – C 385/17 – ist der Arbeitgeber berechtigt, für die Dauer der Kurzarbeit Null den Urlaubsanspruch proportional zu kürzen, und zwar unabhängig davon, ob die Kurzarbeit individualrechtlich, durch Betriebsvereinbarung oder durch Tarifvertrag vereinbart wurde.
Die Urlaubsvergütung ist, wie oben bereits ausgeführt, ungekürzt vorzunehmen.
Kann während Kurzarbeit Null eine Vereinbarung über Urlaub getroffen werden?
Die Frage stellt sich auch deswegen, weil aufgrund Verordnung die coronabedingte Kurzarbeit bis Ende 2021 ausgedehnt werden kann. Auch während der Kurzarbeit Null ist eine Vereinbarung über Urlaub möglich. Dem Arbeitnehmer wird das ungekürzte Verdienst als Urlaubsvergütung gezahlt (§ 11 Abs. 1 BUrlG). Diese Grundsätze gelten auch, wenn Kurzarbeit aufgrund einer Betriebsvereinbarung vorliegt.
Seit wann gibt es Urlaub?
Geschichtlicher Exkurs zum Urlaub
Das man seinen Arbeitern eine Verschnaufpause gönnt und zu ihrer Ertüchtigung Urlaub einführt, solche Überlegungen haben sicher zuerst im industriellen England des 19.Jahrhundert gefruchtet. Hatten Interessenvertreter der Arbeiter generell einen schweren Stand, so konnten sie zum Beispiel in den USA bis heute nicht durchsetzen, dass Urlaub gesetzlich festgeschrieben ist, so existierte in Europa zumindest eine bürgerliche Lobby und einflußreiche sozialistische Parteien, die sich dafür eingesetzt haben, dass Urlaub gesetzlich geregelt wurde. In der Wende des 19. aufs 20.Jahrhundert waren das drei bis sechs Werktage. Interessanterweise waren es die Stuttgarter und Thüringer Brauereiarbeiter, die im Jahr 1903 eine erste tarifvertragliche Regelung erkämpften. Drei Tage bezahlter Erholungsurlaub war ihr Lohn.
Zur Zeit von Weimar konnten sich Angestellte und Arbeiter über acht bis zwölf Urlaubstage freuen. Fast allen Arbeitern stand bezahlter Jahresurlaub zu. Mit den Nazis wurde der Urlaubsanspruch auf zwei bis drei Wochen erhöht. Der Hintergedanke war eindeutig, die Beschäftigten sollten fit für den Krieg gemacht werden. Der Slogan hieß „Kraft durch Freude„. In einem Gesetz wurde der Urlaub aber nicht festgeschrieben.
Erst 30 Jahre nach der sogenannten „Machtergreifung“ wurde das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) am 8. Januar 1963 in Deutschland verabschiedet und ein Mindestanspruch von 24 Werktagen bezahltem Erholungsurlaub festgelegt. Es gilt für alle Arbeitern, Angestellte und arbeitnehmerähnlichen Personen (solchen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit von einem Auftraggeber wie Arbeitnehmer zu betrachten sind) zu. Zusätzliche Urlaubstage werden in verschiedenen Einzelregelungen zwischen den Tarifparteien in einzelnen Branchen und teilweise auch Bundesländern bewilligt. Diese tarifvertraglichen Regelungen haben gegenüber dem Bundesurlaubsgesetz Vorfahrt.
Urlaub auf schwedisch
Schaut man in die Welt, so liegt der jährliche Urlaubsanspruch zwischen vier und sechs Wochen. In einigen Ländern gibt es noch zusätzliche Regelungen, wie der Urlaub genommen werden muss: z.B. in Schweden. Das dortige Urlaubsgesetz (Semesterlag, §12) sieht vor, dass der Arbeitnehmer vier Wochen zusammenhängend Urlaub zwischen Juni und August nehmen soll.
Mindesturlaubsgesetz für Arbeitnehmer (Bundesurlaubsgesetz) § 7 Zeitpunkt, Übertragbarkeit und Abgeltung des Urlaubs
(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.
(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.
(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.