Gemäß Arbeitsgericht ist Mobbing ein „systematisches Anfeinden, schikanieren oder diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte“. Eine klare juristische, gesetzliche Definition des Mobbing existiert dagegen nicht.
Allerdings findet sich in § 3 Abs. 3 des Allgemeines Gleichbehandlungsgesetzes die Definition einer benachteiligenden Belästigung, welche auch auf das Mobbing übertragen werden kann. Danach handelt es sich um „unerwünschte Verhaltensweisen, die bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.
Mobbing ist nicht gesetzlich geregelt
Für die Geltendmachung arbeitsrechtlicher Ansprüche sind drei Voraussetzungen erforderlich:
- konkrete Beschreibung der einzelnen Ereignisse
- Verzahnung dieser Ereignisse im Zusammenhang Mobbing, also der adäquate Kausalzusammenhang
- Verletzung von Rechtsgütern des Gemobbten oder Verstoß gegen konkrete arbeitsvertragliche Verpflichtungen.
Der Spitzenverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften und Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand beschreiben Mobbing als eine konflikthafte Kommunikation am Arbeitsplatz unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern, bei der
- eine Person von einer oder einigen Personen
- systematisch
- oft (mindestens einmal pro Woche) und
- während längerer Zeit (mindestens über 6 Monate)
- mit dem Ziel des Ausstoßes aus dem Arbeitsverhältnis
- direkt oder indirekt angegriffen wird.
Hilfreich ist eine Mobbingliste gemäß des Dipl.Psych. Heinz Leymann – inzwischen verstorben. Er hat in seinem Buch „Psychoterror am Arbeitsplatz und wie man sich dagegen wehren kann“ eine Liste von 45 Handlungen erstellt: „Was die Mobber tun!“
Diese Aufzählung ist gewöhnlich sehr hilfreich in einem Mandatsgespräch.
Hierbei ist auch wichtig, dass die Handlungen möglichst zeitlich und nach den mobbenden Personen eingegrenzt und aufgelistet werden können. Es ist nicht erforderlich, dass die Handlungen bewiesen werden können, da in der Regel Mobbing unter vier Augen erfolgt. Das Bundesarbeitsgericht verlangt regelmäßig die Vorlage eines zeitaktuellem Mobbingtagebuchs für die Dauer von 6 Monaten.
Niemand hatte bislang ein Mobbingtagebuch
Ich habe es in meiner langen Tätigkeit noch kein einziges Mal erlebt, dass Mandanten ein aktuelles Mobbingtagebuch über die Dauer von sechs Monaten geführt haben. Die Erlebnisse sind so einschneidend, dass man sie kaum noch einmal aufschreiben und damit nacherleben möchte. Zum Feierabend möchte man eher verdrängen, ehe es dann irgendwann zu viel wird: Regelmäßig kommen die Mandanten nach einer langen Leidenszeit – Arbeitsunfähigkeit/Krankheit von zwei Jahren zu mir.
Dennoch kann geholfen werden
Die Aufforderung, ein Mobbingtagebuch über die Dauer von sechs Monaten zu führen und – demzufolge auch in den Betrieb zurückzukehren – ist wenig einfühlend und hilfreich. Dennoch kann den Mobbingopfern geholfen werden. Allerdings möchte ich klarstellen, dass ich die Erhebung der Mobbingklage, wie in der Regel gewünscht, oft nicht hilfreich und für zielführend halte. Es fehlt schon an dem seitens der Rechtsprechung geforderten aktuellen Mobbingtagebuchs.
Ein gerichtliches Mobbingklageverfahren wird seitens des Arbeitgebers und der vertretenen Rechtsanwälte regelmäßig in aller Schärfe geführt, die traumatisierten Mandanten sind nicht imstande, diesen Konflikt über viele Monate bzw. Jahre durchzustehen. Am Ende steht eine noch stärkere Traumatisierung und dauerhafte Verletzung, die das Leben dauerhaft beeinträchtigt.
Vor diesem Hintergrund rege ich eine gänzlich andere Vorgehensweise an, wie ich dies in den anderen Beiträgen bereits beschrieben habe. Die entscheidende Zielsetzung ist
- die Wiederaufnahme der Arbeit (allerdings nicht im selben Betrieb)
- hierzu sind alle zur Verfügung stehenden unterstützenden Maßnahmen erforderlich
- insbesondere auch die Unterstützung durch die behandelnden Ärzte.
Soweit möglich, sollte eine Qualifizierung absolviert werden, um die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Die traumatischen Erlebnisse am Arbeitsplatz sollten verarbeitet werden und das krankmachende Geschehen überwunden werden.
Anwaltskonsultation als Therapiebaustein
Meine Tätigkeit ist, wie den Ausführungen zu entnehmen ist, auch eine therapeutische Arbeit.
Wie ich in der Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber in der Regel vorgehe, entnehmen Sie bitte meinen weiteren Beiträgen zum Thema Mobbing. Ich stehe Ihnen gern für ein erstes Beratungsgespräch zur Verfügung.
45 Mobbing-Handlungen nach Leymann
Die einzelnen Mobbing-Handlungen helfen dabei, Mobbing zu analysieren und zu identifizieren. Einmalige Vorfälle und Handlungen sind noch kein Mobbing. Die Bezeichnung Mobbing sollte erst dann verwendet werden, wenn sich die Handlungen systematisch wiederholen mit dem Ziel, den anderen zu diskriminieren und zu schädigen.
1. Angriffe auf die Möglichkeit, sich mitzuteilen
- Der Vorgesetzte schränkt die Möglichkeit ein, sich zu äußern
- Man wird ständig unterbrochen
- Kollegen schränken die Möglichkeit ein, sich zu äußern
- Anschreien oder lautes Schimpfen
- Ständige Kritik an der Arbeit
- Ständige Kritik am Privatleben
- Telefonterror
- Mündliche Drohungen
- Schriftliche Drohungen
- Kontaktverweigerung durch abwertende Blicke oder Gesten
- Kontaktverweigerung durch Andeutungen, ohne dass man etwas direkt ausspricht

2. Angriffe auf die sozialen Beziehungen
- Man spricht nicht mehr mit dem/der Betroffenen
- Man lässt sich nicht ansprechen
- Versetzung in einen Raum weitab von den Kollegen
- Den Arbeitskollegen wird verboten, den Betroffenen anzusprechen
- Man wird wie „Luft“ behandelt.
3. Angriffe auf das soziale Ansehen
- Hinter dem Rücken des Betroffenen wird schlecht über ihn gesprochen
- Man verbreitet Gerüchte.
- Man macht jemanden lächerlich.
- Man verdächtigt jemanden, psychisch krank zu sein.
- Man will jemanden zu einer psychiatrischen Untersuchung zwingen.
- Man macht sich über eine Behinderung lustig.
- Man imitiert den Gang, die Stimme oder Gesten, um jemanden lächerlich zu machen.
- Man greift die politische oder religiöse Einstellung an.
- Man macht sich über das Privatleben lustig.
- Man macht sich über die Nationalität lustig.
- Man zwingt jemanden, Arbeiten auszuführen, die sein Selbstbewusstsein verletzen.
- Man beurteilt den Arbeitseinsatz auf falsche und kränkende Weise.
- Man stellt die Entscheidungen des Betroffenen in Frage.
- Man ruft ihm obszöne Schimpfworte oder andere entwürdigende Ausdrücke nach.
- Sexuelle Annäherungen oder verbale sexuelle Angebote.
4. Angriffe auf die Qualität der Berufs- und Lebenssituation
- Man weist den Betroffenen keine Arbeitsaufgaben zu.
- Man nimmt ihm jede Beschäftigung am Arbeitsplatz, so dass er sich nicht einmal selbst
- Aufgaben ausdenken kann.
- Man gibt ihm sinnlose Arbeitsaufgaben.
- Man gibt ihm Aufgaben weit unter seinem eigentlichen Können.
- Man gibt ihm ständig neue Arbeitsaufgaben.
- Man gibt ihm „kränkende“ Arbeitsaufgaben.
- Man gibt ihm Arbeitsaufgaben, die seine Qualifikation übersteigen, um ihn zu diskriminieren.
5. Angriffe auf die Gesundheit
- Zwang zu gesundheitsschädlichen Arbeiten
- Androhung körperlicher Gewalt
- Anwendung leichter Gewalt, zum Beispiel um jemandem einen „Denkzettel“ zu verpassen
- Körperliche Misshandlung
- Man verursacht Kosten für den Betroffenen, um ihm zu schaden.
- Man richtet physischen Schaden im Heim oder am Arbeitsplatz des Betroffenen an.
- Sexuelle Handgreiflichkeiten
Quelle: Heinz Leymann, 1993 Mobbing
Über Leymann, einen Pionier der Mobbingforschung

Heinz Leymann (* 1932 in Wolfenbüttel,† 1999 in Stockholm) war Betriebswirt, Psychologe und gilt als Pionier in der Mobbingforschung. Leymann entwickelte das Leymann Inventory of Psychological Terror, einen Katalog von 45 Mobbinghandlungen, anhand dessen Mobbing festgestellt werden kann.
Das Buch ist mittlerweile vergriffen, kann aber bei Interesse noch gebraucht erworben werden.