Galeria Karstadt Kaufhof
geht zum dritten Mal
in die Insolvenz
Was tun? – Empfehlung für Arbeitnehmer
Der Warenhauskonzern und GALERIA KARSTADT KAUFHOF ist zum 3. Mal innerhalb von 3 Jahren insolvent.
Die Beantragung der Insolvenz konnte nicht vermieden werden, da SIGNA bzw. Herr Benko nicht imstande waren, die zugesagten 200 Mio. Euro zur Unterstützung und Sanierung von Karstadt/Kaufhof zu zahlen.
Karstadt hat daher am 09.01.2024 einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht Essen gestellt. Ziel ist die Fortführung des Unternehmens. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter ist Stefan Denkhaus bestellt.
Nach seinen Angaben finden Gespräche mit Kaufinteressenten statt. Die Schließung oder Umstrukturierung von Häusern ist nicht auszuschließen.
Meine Empfehlung
Ich empfehle jedem Mitarbeiter, aufgrund der unvermeidlich auftretenden rechtlichen Probleme alsbald dafür Sorge zu tragen, dass eine rechtliche Vertretung ohne finanzielle Risiken erfolgen kann durch – Beitritt zur Gewerkschaft Verdi oder – Abschluss einer Rechtsschutzversicherung. Dies gilt auch für Mitarbeiter, deren Standort von einer Schließung voraussichtlich nicht betroffen sein wird. Auch diese Mitarbeiter werden von Veränderungen in Form von Eigentumsübergängen sowie Umstrukturierungen betroffen sein, so dass Beratungsbedarf besteht.
I. Interessenausgleich
Für die erneute Insolvenz in 2024 müssen in jedem Fall ein neuer Interessenausgleich und Sozialplan zwischen Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat vereinbart werden. Dieser wird jedoch ähnlich ausgestaltet sein, wie der vorhergehende Interessenausgleich und Sozialplan vom 11.03.2022. Danach sind folgende Regelungen zu erwarten:
Schließung/Einschränkungen von Filialbetrieben
In diesen Fällen werden betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, wird die Kündigung nach Erteilung der entsprechenden Zustimmung ausgesprochen.
Für die Kündigungsfrist gilt gemäß den speziellen Vorschriften der Insolvenzordnung eine Höchstfrist von 3 Monaten zum Monatsende, frühestens zum Schließungszeitpunkt.
Zunächst ist zu prüfen, ob Sie von der Standortschließung/Standorteinschränkung betroffen sind.
Trotz Wegfall des Arbeitsplatzes ist der Ausspruch der Kündigung für den Arbeitgeber mit vielen rechtlichen Risiken verbunden: In vielen Fällen besteht besonderer Kündigungsschutz:
- bei Schwangerschaft
- bei Elternzeit
- bei Pflegezeit
- bei Berufsbildung
- bei Schwerbehinderung
- tariflich/gesetzlich besonders gestaltete Arbeitsverhältnisse.
Die Aufzählung ist nicht abschließend.
Der Arbeitgeber/Insolvenzverwalter hat in diesen Fällen besondere gesetzliche Vorschriften zu beachten.
Der Arbeitgeber muss auch folgende weitere Anforderungen beachten:
- Beteiligung des Betriebsrats vor Ausspruch der Kündigung
- Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung
- Massenentlassungsanzeige gegenüber der Agentur für Arbeit.
An die Anzeige sind besonders strenge formelle Voraussetzungen gestellt, welche das Risko von Fehlern beinhalten. Hier ist an die Insolvenz von Air Berlin zu erinnern. Das Bundesarbeitsgericht hatte die Massenentlassungsanzeige als nicht ordnungsgemäß beanstandet, eine Vielzahl von Kündigungen waren aufgrund dessen rechtsunwirksam.
II. Sozialplan/Transfergesellschaft
Interessenausgleich und Sozialplan vom 11.03.2022 regelten auch die Einrichtung einer Transfergesellschaft, in welche die Mitarbeiter wechseln konnten.
Es ist davon auszugehen, dass auch im vorliegenden Insolvenzverfahren die Betriebsparteien die Errichtung einer Transfergesellschaft vereinbaren werden, mit der Möglichkeit, in die Transfergesellschaft zu wechseln. Es stellt sich insoweit die Frage, ob ein Wechsel in die Transfergesellschaft empfehlenswert ist. Dies ist sorgfältig unter Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalls zu prüfen.
Die Betriebsvereinbarungen werden, wie schon 2020 und 2023, auch die Möglichkeit eines freiwilligen Austritts gegen Zahlung einer Abfindung vorsehen. Auch hier sollte sehr sorgfältig geprüft werden, welches im konkreten Fall die für den Arbeitnehmer beste Lösung ist.
Fortführungsfilialen
Soweit Filialen weitergeführt werden, ist davon auszugehen, dass weitere Umstrukturierungen und Prozessoptimierungen, Umbau- und Flächenreduktionen erfolgen werden und dementsprechend ein geringerer Personalbedarf entstehen wird.
Möglicherweise wird die Absenkung vollständig erreicht durch natürliche Fluktuation/freiwillige Beendigungsvereinbarungen.
Sollte dies nicht ausreichen, sind auch insoweit Kündigungen auszusprechen. Hierbei ist die soziale Auswahl gemäß den gesetzlichen Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes zu beachten.
Arbeitnehmer, die freiwillig ausscheiden möchten, weil sie anderweitig eine neue Tätigkeit aufnehmen möchten, sollten sicherstellen, dass sie auch in den Genuss von Abfindungszahlungen gelangen.
III. Insolvenzgeld/Arbeitslosengeld
Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung von Insolvenzgeld für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Gegenwärtiger Verfahrensstand ist der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die Bearbeitung und Prüfung dieses Antrags wird einige Zeit in Anspruch nehmen, dies dürfte den Zeitraum von drei Monaten nicht überschreiten. Dieser Zeitraum ist in jedem Fall durch den Anspruch auf Insolvenzgeldzahlung abgesichert, sollte Karstadt die Lohnzahlung nicht vornehmen.
Das Insolvenzgeld wird in Höhe des Nettoarbeitsentgelts gezahlt.
Insoweit sind zunächst die weiteren Informationen seitens des Betriebsrats/Gewerkschaft Verdi/vorläufigen Insolvenzverwalter abzuwarten.
IV. Betriebsübergang
Lesen Sie dazu: Wechsel in die Transfergesellschaft?
V. Versetzung/Änderungskündigung
Fortsetzung in einer gesonderte Darstellung demnächst!
Für eine rechtliche Beratung stehe ich Ihnen jederzeit zur Verfügung
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